Re-Fit OK-Jolle Lucy – Kapitel 02: Entkernen

OK, los geht´s…

Bevor man sich den Rücken ruiniert und auf Knien auf dem Schuppenboden rumrutscht, hab ich mir als erstes auf eBay zwei Holzböcke geschossen. Bei der Dimensionierung hab ich es gleich so gemacht, dass ich da später auch noch mal den Piraten drauf stellen könnte. Wer weiss, was da noch mal irgendwann dran zu machen ist. Nach dem Projekt ist schliesslich vor dem Projekt!

Nur zusammenbauen musste ich die Dinger noch selber. Das war also so ein Bausatz und das Zusammenbauen ging nicht so einfach von der Hand, wie klein Fritzchen sich das so vorgstellt hatte…aber schlussendlich hab ich´s dann doch hinbekommen.

Grober Abriss vom Deck, November 2018

Also die OK zu zweit auf die Böcke gewuppt und da war schon der erste Vorteil von so einer OK. Mit keinem meiner anderen Boote (das klingt jetzt etwas grosskotzig) wäre das so einfach möglich. Dann die Stichsäge ausgepackt und vorsichtig erste Stücke zwischen Decksbalken und Balkwegern herausschneiden. Die tragende Konstruktion soll ja später wiederverwendet werden. Erst einen kleineren Ausschnitt in der Mitte und dann das restliche Holz bis zu den Decksbalken. Zwischendurch immer noch mal mit dem Arm in eine der Luken gelangt und mit der Hand rumgetastet, ob ich nicht schon zu dicht an der Unterkonstruktion dranne bin. So arbeitete ich mich Stück für Stück vor, bis dann nur noch das Decksholz auf den tragenden Balken und Wegern übrig ist.

Und das trennte ich dann vorsichtig mit einem Stemmeisen ab, wieder Stück für Stück. Dabei hab ich dann festgestellt, dass hier nicht Holz auf Holz geklebt wurde, sondern auf den Tragenden Balken noch mal eine Zwischenschicht aus Glasfasermatte aufgetragen wurde. Keine Ahnung, ob man das so macht. Meine Meinung ist dabei, dass Holz am besten direkt auf Holz hält. Genauso verhält es sich auch bei Glasfasermatte. Wie gesagt: Meine Meinung. Das Risiko, dass ich das neue Deck auf die vorhandene Glasmatte klebe und diese sich dann irgendwann löst, wollte ich nicht eingehen.

Entfernen alter Fussboden, Dezember 2018

Nachdem das Deck nun so weit entfernt und entsorgt ist, geht es mit dem Fussboden im Cockpit weiter.
Bei der Entfernung des Decks zeigte sich, dass der Rumpf von vorne nach hinten mit überlaminierten Rundhölzern verstärkt wurde. Diese Rundhölzer ziehen sich vom Bug bis zum Heck am Rumpfboden als auch an den Seiten des Rumpfes. Da gibt es sicher auch einen Fachbegriff für…

Im Cockpit wurde der Zwischenraum zwischen den Rundhölzern mit handelsüblichem Styropoor aufgefüllt und dann mit einer Sperrholzplatte abgedeckt. Diese Platte wurde verklebt und an den Rumpfverstärungen entlang zusätzlich noch verschraubt. Weil beim Segeln Bewegung auf den Fussboden wirkt, wurde der Boden an den Verschraubungen durchlässig und Wasser drang unter das Sperrholz und ins Styropoor. Wenn da erst mal Wasser drunter ist, bekommt man es schwer wieder heraus. Fäulnis ist die Folge.

Also hab ich ich die nassen und zum Teil schon verfaulten Reste mit Hammer & Co. entfernt. Dann mit Opas Supertool und nem frischen Sägeeinsatz das GFK weg geschnitten und den reinen GFK-Fussboden grob von alten Anstrichen befreit.

Dabei konnte man auch gleich sehen, dass da ein Schwachpunkt bei der Befestigung der Hängegurte war. Die Ösen für die Gurte waren einfach nur durch die Schottwand gebolzt. Abgesehen davon, dass es sich um einfache Stahlschrauben handelte und ich die nur mit der Flex abbekommen habe (weil komplett verrostet), gab es weiter keine Verstärkung an diesem Punkt.

Wenn man sich dann also in die Gurte hängt, wird Bewegung am Schott erzeugt, und auf Dauer entstehen am Übergng zum Fussboden Risse, durch die dann ebenfalls Wasser eindringt. Das sorgt für Fäulnis am Schott. An diesem Punkt wusste ich, dass mein zartes Elfengewicht an einer stabileren Konstruktion wird hängen müssen.

Decksreste und Seitendeck entfernen, Dezember 2018

Der grobe Müll ist entfernt. Jetzt sind die Holzreste auf den Decksbalken und Aussen- und Balkwegern an der Reihe. Und wenn wir schon dabei sind, hauen wir auch gleich das Restholz der Blumenkasten Sitzbänke weg. Die Dinger gingen ja gar nicht.

Die Holzreste hab ich mit dem Exzenter (ich hatte zu diesem Zeitpunkt nichts anderes) abgeschliffen. Wo wir gerade beim Werkzeug sind…leider erst recht spät kam ich auf die Idee, mir einen Winkelschleifer anzuschaffen. Ich hab da einen von Bosch Professional (die blaue Serie) auf eBay für 88€ geschossen. Der war ein Kompromiss aus Leistung und Preis. Ich wollte nicht zu viel ausgeben aber genug Leistung haben. Vor allem sollte er eine Drehzahlregelung haben. Wenn man die Schleifscheibe bei vollen 11.000 Umdrehungen pro Minute ins Boot hält, dann hat jeder in der Bootshalle, auch Jahre später, etwas davon. Das ist wirklich eine Riesensauerei. Hinzu kommt, dass man bei dieser Umdrehungsgeschwindigkeit nicht viel Spielraum für Fehler hat, man ist dann ruckzuck durch den Rumpf durch. Ich habe die Maschine immer auf der niedrigsten Stufe laufen lassen. Das funktioniert super und der entstehende Staub bleibt lokal begrenzt.

Tipp: Ich hab einen alten Schleifteller von 115mm (das neue Mass der Dinge bei den Winkelschleifern scheint 125mm Scheibendurchmesser zu sein) auf ca. 60mm Durchmesser runter geschliffen und konnte somit alte Schleifscheiben mit diesem kleinen Teller noch einmal verwenden. Auf den grossen Tellern werden die Scheiben fast nur aussen verschlissen und auf dem inneren Bereich bleiben sie nahezu neu. Hinzu kommt, dass man mit der 60er Scheibe auch besser in die Ecken kommt. Wenn man die Schleifscheiben auf den 60er Teller spannt, dann kann man den Überschuss aussen einfach mit einer (alten) Schere abschneiden.

Etwas später hab ich dann bei Amazon eine Absaugvorichtung für Winkelschleifer gefunden (ca. 30€). Dieser wird an Stelle des üblichen Schutzes montiert und an einen Staubsauger angeschlossen. Der Abtrag wird dann gleich abgesaugt und das ist dann wirklich eine saubere Sache. Das geht natürlich nur dort, wo man dafür auch genügend Platz hat. Kleine verwinkelte Fitzelecken im Boot kann man damit vergessen.

Mastfuss und Mastbox rausreissen, Januar 2019

Damit das verfaulte Schott erneuert werden kann und auch weil die Substanz der ganzen Mastfuss Konstruktion total marode ist, muss der ganze alte Krempel raus. Dabei hab ich dann gesehen, dass das Holz nicht konserviert wurde und deshalb schon ziemlich vergammelt ist. Das ganze wurde auch einfach nur mit reichlich Harz und Matte reingepappt. Ein unhaltbarer Zustand, das kann so nicht bleiben!

Hinzu kommt noch, dass Segelfreund und Piratensegler Bernd, der unter anderem auch eine OK-Jolle sein Eigen nennt, wichtige Tipps zur Position des Mastfusses liefern konnte. In den 1980er Jahren fuhr man die Matsposition bei ca. 80cm vom Bug aus gemessen. Damals waren die Masten weicher (z.B. aus Holz) und die Segel hatten nicht so viel Power wie heute. Da die Masten heute härter (Aluminium und Carbon) und die Segel besser geworden sind, kann man den Mast an der 80er Position nicht mehr fahren. Durch den höheren Druck im Rigg hat sich der Lateralschwerpunkt des Boots verändert. Der Mast muss also weiter nach vorn, um die Luvgierigkeit wieder in den Griff zu bekommen. Das lässt sich auch durch aktuelle Trimmanleitungen belegen. Folglich muss der neue Mastfuss weiter vorn eingebaut werden und auch der Ausschnitt für den Mast im Deck muss weiter vorne eingeplant werden. Das hat dann auch zu Folge, dass die beiden Decksbalken versetzt und erneuert werden müssen. So kommt eine Erkenntnis zur anderen und zieht weitere (ungeplante) Massnahmen nach sich. Aber dazu später mehr…

Auf Mallen, Januar 2019

Piraten-Bernd ist es auch zu verdanken, dass die OK nun in Mallen liegt. Das ist wichtig, damit sie sich nicht verwindet, wenn Decksbalken und andere Tragende Teile, wie das Schott, entfernt werden.

Wobei der Begriff Mallen nicht ganz korrekt ist. Mallen werden üblicherweise benutzt, um Planken auf einer Art Negativ Form aufzuziehen. Die Mallen sind quasi eine Vorgängerversion für die späteren Spanten im Boot. Hier sind die Mallen zweckentfremdet, um der OK Halt für die weiteren Baumassnahmen zu geben. Ausserdem sieht alles sehr prfessionell und fest installiert aus, sodass niemand aus der Mitgliedshaft auf die Idee kommt, mal kurz alles zur Seite zu rücken, um noch irgendwelchen Kram abzuladen oder noch ein Boot dazwischen zu quetschen.

Neuer Mast, Januar 2019

Piraten-Bernd hatte nicht nur wichtige Tipps zum weiteren Ausbau und zur Mastposition im Gepäck. Er hat auch mal in seinen alten Sachen gewühlt und konnte einen alten OK-Mast (ursprünglich von einem Finn Dinghy), einen Grossbaum und ein Ruderblatt für meine OK zu Tage fördern.

Für all diese Sachen hatte er keine Verwendung mehr (und war bestimmt auch froh, den ganzen alten Krempel los zu sein) und hat mir alles für einen Freundschaftspreis (inkl. Lieferung!) überlassen. Das gab der Sache noch mal einen zusätzlichen Schwung. So löste sich ein Problem schon im Vorfeld in Wohlgefallen auf, das ich noch gar nicht so richtig auf dem Schirm hatte.

Mass genommen, Januar 2019

Wie schon erwähnt, muss das Schott entfernt werden, weil es verfault ist. Der Mastfuss soll weiter nach vorn und zwei Decksbalken müssen versetzt und erneuert werden. Damit man hinterher auch weiss wie und wo alles mal war, schreibt man sich am besten alle Masse auf einen Zettel. Meine Zettel haben allerdings alle die Angewohnheit, dass sie nach spätestens 20 Minuten nicht mehr aufzufinden sind.

Also macht man am besten von allen wichtigen Stellen ein Foto mit angelegtem Zollstock. Das hab ich auch schon bei anderen Projekten so gemacht. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte…und hält länger als ein Zettel.

(Fast) fertig entkernt, Januar 2019

Fast entkernt, bedeutet nur, dass ich mit dem vorderen Bereich erst mal fertig bin. Irgendwann hat man von der Schleiferei auch die Schnauze voll. Alte GFK Reste von der Mastbox und dem Fuss sind endlich weg und die alte Farbe an der Rumpf Innenwand ist soweit auch entfernt.

Das waren alles Arbeiten, die ziemlich mühsam sind. Man kommt schlecht in die Ecken und die Farbe hält für ihr Alter erstaunlich gut, schon fast zu gut. Ich wurde oft gefragt, warum ich da nicht einfach was drüber streiche oder warum ich das nicht einfach so lasse.

Ich tue mich immer schwer mit „Pfuscherei“ oder schnellen Lösungen. Gut und schnell ist nie beisammen. Alten Krempel einfach zu kaschieren geht mir einfach gegen den Strich. Quick and dirty ist nicht mein Ding, zu oft sind mir solche Sachen dann später auf die Füsse gefallen. Ich hab es gern, wenn alles ordentlich ist und ich weiss, dass ich es nach meinen eigenen Vorgaben und Ansprüchen erledigt habe und ich mich darauf verlassen kann.

Das macht zwar erst mal mehr Arbeit, später muss man da aber nie wieder dran und man muss sich darüber dann auch keine Sorgen (hoffentlich hält es) mehr machen. Dass mal etwas falsch konstruiert ist oder man einen Fehler macht, kommt vor. Aber dass mir etwas wegen Faulheit später um die Ohren fliegt, kann ich nicht ab.